Schlagwörter
Helm, Kampfradler, München, Münchner Merkur, merkur, Radfahrer, Unfallflucht
Teil 2 der beliebten Serie „der Münchner Merkur und die Fahrradfahrer“
In jüngster Vergangenheit haben sich in München einige böse Unfälle mit Verletzten ereignet.
Fall eins, 1.6.2012:
Radfahrer fährt nachts einen Rentner an, der wegen eines Gehwegparkers auf den Radweg ausgewichen ist. Der Verursacher wartet auf das Eintreffen der Rettung, und entfernt sich dann, ohne sich zu identifizieren. Der Rentner erleidet schwerste Verletzungen.Fall zwei, 3.6.2012:
Eine Radfahrerin fährt nachts eine Straße entlang, als ein PKW zu ihr aufschließt. Der PKW beginnt, die Radfahrerin durch Fahren von Schlangenlinien zu bedrängen, bis sie schließlich zu Sturz kommt. Der Autofahrer entfernt sich vom Unfallort. Die Radfahrerin erleidet leichte Verletzungen.Fall drei, 3.6.2012:
Eine Autofahrerin übersieht einen 13-Jährigen Radfahrer, der beim Ausweichmanöver zu Fall kommt, sich einen Zahn ausschlägt und Schürfwunden im Gesicht zuzieht. Die Autofahrerin hält an, beschimpft den Schüler, und entfernt sich vom Unfallort.
Im ersten Fall also ein Unfall im Sinne des Wortes, ohne Vorsatz, wenn auch mit schlimmen Folgen. Im zweiten Fall ein eindeutig aggressiver Akt. Im dritten Fall ebenfalls ein klarer Fall von Fahrerflucht.
Wie sieht das nun in der Berichterstattung des „Merkur“ aus?
Merkur-Artikel zu Fall 2: Betont nüchterner Reportagestil. Es fehlt jede Beurteilung des Verhaltens des Autofahrers, obwohl dieser eindeutig vorsätzlich gehandelt hat und sich nicht um das Opfer gekümmert hat. Was (natürlich) nicht fehlt ist der Hinweis auf den nicht getragenen Helm (Selber schuld, der Radler..), der bei den berichteten Verletzungen (Schleudertrauma, Schürfwunden) einen Feuchten geholfen hätte.
Merkur-Artikel zu Fall 3: Ebenfalls Reportagestil, ergänzt durch eine implizite Entschuldigung der Fahrerin („Offenbar übersah sie dabei den radfahrenden Schüler“ – na dann ist’s ja nicht so schlimm..). Der Hinweis auf den Helm fehlt seltsamerweise, wahrscheinlich konnte der zur grenzenlosen Überraschung der Polizei den ausgeschlagenen Zahn (Schädelverletzung!!) nicht verhindern.
Merkur-Artikel zu Fall 1: Der Unfallverursacher ist natürlich ein böser Radl-Rambo (wörtlich… *seufz*. Das Vermeiden von Klischees ist wohl mittlerweile genausowenig Bestandteil der Reporterschule wie das Hinterfragen von Fakten). Wir lesen nochmal nach: Es war ein Unfall ohne Vorsatz, der Gehwegparker ist mit Schuld, was mit keiner Silbe erwähnt wird, und der Verursacher hat wenigstens gewartet, bis die Rettung da war.
Ungeachtet dessen wird zur Hetzjagd auf den Kampfradler geblasen. Was auch nicht fehlen darf, ist die tränenreiche Homestory, Merkur besucht die Familie des Opfers, und so weiter und so weiter…
Na also: Der Geister-Radler (30) stellt sich der Polizei. Laut Polizei sagte der Mann auf der Wache, er stelle sich wegen des „großen medialen Drucks“. (aus der AZ).
Ob der wohl auch auf Teilschuld des Fussgängers pocht ? Er hat einen Anwalt dabei , also wohl eher nicht….
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Hier http://www.merkur-online.de/aktuelles/muenchen-sued/autofahrerin-verletzt-schueler-fluechtet-2342238.html flüchtet ein Autofahrer – aber es ist natürlich keine Rede vom „Autorambo“
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„Aber: “Es war ein Unfall ohne Vorsatz” ?
Heisst das, nur Fussgänger die vorsätzlich umgenietet werden sind wirklich erwähnenswert ? “
Nein, das heißt es offensichtlich nicht. Anscheinend hat „KDK“ schwerwiegende Probleme mit der deutschen Sprache?
„Wäre dieser Schreibstil vielleicht besser ?“
Wow. Es ist offensichtlich, dass hier nicht die Empörung über radfahrende Unfallverursacher angeprangert wird, sondern die fehlende Empörung über automobile Unfallverursacher. Wie man so unfähig sein kann, das nicht zu verstehen, ist mir schleierhaft.
„Sorry, aber so kann man den Einsatz für bessere Radinfrastruktur nicht führen,“
Was ist denn „bessere Radinfrastruktur“?
Aus dem Artikel:
„Der Aufprall warf Orhan S. rückwärts zu Boden. Dabei schlug er hart mit dem Hinterkopf auf. “
Und trug dabei keinen Helm -> er ist also selbst schuld ;-)
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„KDK“ = Schnittlauch? Die schwerwiegenden Verständnisprobleme würde es erklären, auch die abgestandene Sonntagsradler-Politikerphrase vom „Einsatz für bessere Radinfrastruktur“ (gibt es bis auf ein paar Fahrbahnen mit rumpeligem Kopfsteinpflaster in Europa schon nahezu überall, nur wird man gelegentlich von Wirrköpfen und Verbrechern bei ihrer Nutzung gestört).
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Soviel Einsicht zum eigentlichen Sachverhalt war jetzt nicht zu erwarten….
Zur ablenkenden Nebenfrage: Wer denn überhaupt ? Fussgänger Rambo ? sicher nein.
Autofahrer-Rambo ? Wenn er auf der falschen Seite ohne Licht fährt wäre es zumindest „angebracht“ – wenn er nix falsch gemacht hat, IMHO nein.
Ob es der so Merkur verwendet hätte ? Dort nachfragen.
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Hm, wäre der Mann mit oder ohne Schauen auf die Strasse gelaufen und wäre von einem Auto umgefahren worden – würden wir dann auch vom „Rambo“ lesen?
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OK, Den Überlegenheitsmüll nehme ich gerne zurück – ist kulturell halt bei vielen so verhaftet, war aber falsch das zu verallgemeinern. Ausserdem war es ja nur ein satirischer Vorschlag einer „Wunschformulierung“. Der Schreibstil ist mir inzwischen auch egal, ich orientiere mich mehr an Fakten die das Unfallgeschehen beeinflussen.
Und da sehe ich noch eine große Diskrepanz zwsichen:
„das Opfer eine Teilschuld hat, offensichtlich wurde der Radweg ja ohne aufzupassen betreten“
und
„Orhan S. ging voraus, blickte sich sogar noch vorschriftsmäßig um und lief los – genau hinein in den Geisterradler ohne Licht, der ihm aus der Dunkelheit entgegenkam“.
Das Opfer kuckte sich um. Er rechnete nur nicht mit einem Geisterradler auf der falschen Seite und das muss er auch nicht. Da eine Teilschuld reinzuschreiben ist blanker Hohn und absolut daneben.
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Ich sehe den Unterschied zu den beiden anderen zitierten Unfällen darin, dass der eine davon vorsätzlich war, und im anderen sich gar nicht um das Opfer (noch dazu ein Kind) gekümmert wurde, und es obendrein auch noch beschimpft wurde. Wer war also mehr „rücksichtslos“ oder ein „Rambo“?
Fahrerflucht ist immer rücksichtslos, aber das liegt ja in allen drei Fällen vor.
Im Vergleich dazu die Berichterstattung: In den beiden Fällen, wo der Autofahrer der Verursacher war ein verbales Achselzucken – „passiert halt“. Beim Radler (übrigens der einzige Fall, wo sowohl der Gehwegparker als auch das Opfer eine Teilschuld haben, offensichtlich wurde der Radweg ja ohne aufzupassen betreten) wird die Sau vom Kampfradler durchs Dorf getrieben.
Das wollte ich herausstellen.
Du kannst Dir gerne mal die Unfallberichte der vergangenen Wochen des Blattes durchsehen, Du wirst mehr von rücksichtslosen Autofahrern Verletzte und Getötete finden. Findest Du auch deratige Hetzartikel darüber?
Wenn man mit dem Auto einen totfährt, ist das Alltag. Wenn man mit dem Rad jemanden verletzt, ist das Top News. Soviel zum Status des Fahrrads als gleichberechtigtes Verkehrsmittel.
Wo Du da den Quark mit dem „überlegenen Verkehrsmittel“ herausgelesen hast, weiß ich nicht.
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Stimmt 100%, der Gehwegparker sollte auch mit Parkticket in doppleter Höhe (wegen Unfallverursachung) bestraft werden, und die Homestory ist in der Tat unnötig.
Aber: „Es war ein Unfall ohne Vorsatz“ ?
Heisst das, nur Fussgänger die vorsätzlich umgenietet werden sind wirklich erwähnenswert ? Grob fahrlässig ist also absolut in Ordnung ?
Das „Warten bis die Rettung da war“, während ohnehin die ganze Familie des Opfers dabei ist, ist also erwähnenswert weil es ein Zeichen großen Einsatzes und von Verantwortung ist – kurz vor der Flucht in die Anonymität ?
Unwesentliche Punkte wie nachts ohne Licht fahren, als Geisterradler auf der falschen Seite, mit dem Statement „ich fahre seit Jahren ohne Licht“ sind natürlich Punkte, die man im Blog in der Fallbeschreibung dann auch gerne verschweigt. Selbst wenn die anderen Stories genauso asoziale Autofahrer beinhalten – was nützt das dem Koma-Opfer in dem Fall ?
Wäre dieser Schreibstil vielleicht besser ?
„Ein zuvor stets umsichtig fahrernder Veloheld, der seit Jahren mit dem überlegenen Verkehrsmittel unterwegs ist, ist in der Dunkelheit wegen eines falsch parkenden Autos mit einem Fussgänger, der völlig verantwortungslos auf den Radweg trat, kollidiert, wobei sich der Fussgänger konsequenterweise verletzte. Dem Radfahrer passierte glücklichereise nichts.“
Sorry, aber so kann man den Einsatz für bessere Radinfrastruktur nicht führen, weil man absolut nicht ernstgenommen wird. Wenn einer den Urtyp des Kampfradlers oder Rad-Rüpels oder Pedalproleten verkörpert, dann der Typ, der so eine Sitation durch sein Verhalten heraufbeschwört und aktuell noch flüchtig ist, während das Opfer im Koma liegt. Und wenn den jemand so aufgeregt versucht in Schutz zu nehmen, lässt das tief blicken.
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